„Islam bedeutet Frieden.“ Beharrlich hört man seit den Tagen des 11. Septembers 2001 von Muslimen diesen Satz. Man kann ihn kritisieren als eine Verdrängung der Tatsache, dass der Islam, wie jede andere Religion und Weltanschauung, über ein Gewaltpotenzial verfügt. Man kann ihn beanstanden, da islamistisch motivierter Terror sich wiederholt auf den Islam bezieht und seine Taten mit Versen aus dem Koran legitimiert. Man kann ihn zurückweisen, da er keine kritische Auseinandersetzung mit gewalttätigen Interpretationen des Islam und deren Denkern fördert und somit keine Veränderung bewirkt.
„Islam ist Frieden“ – drückt dieser Satz, ausgesprochen von einem Muslim, nicht andererseits eine Ablehnung von Gewalt im Namen der Religion aus, eine Abscheu vor Terror, der sich auf den Islam bezieht? Drückt er nicht einen Trotz gegenüber Gewalttaten aus, die sich aus dem Koran legitimieren und immer wieder das Gegenteil bekräftigen wollen? Bringt er nicht zum Ausdruck, dass der Islam anders ist?
Mit einem anderen Blick auf den Islam seine friedenstheologischen Inhalte und Praktiken herauszufiltern und zu bündeln soll Gegenstand dieser zweiteiligen Vortragsreihe sein.
Der zweite Teil der Reihe führt in die Metropole Delhi und die Steppen des Iraks. Für den indischen Gelehrten Maulana Wahiduddin Khan ist der Islam eine ganzheitliche Lebensweise der Friedfertigkeit. Aus dem Leben des Propheten Muhammad leitet er eine spirituelle Praxis der Gewaltlosigkeit ab, in die Muslime sich einüben sollen. Nur durch die Selbsterziehung zur Gewaltfreiheit kann der Mensch zu jener Veränderung in der Welt werden, die er erblicken möchte; ein Prozess, der bereits mit der Wertevermittlung an die Kinder beginnt.
Der irakische Großayatollah Muhammad Al-Hussaini Al-Schirazi plädiert für ein weltweites Abrüsten – angefangen bei den Handfeuerwaffen – und eine Auflösung jeglicher Streitkräfte. In seiner Theologie entwirft er die kühne Vision einer christlich-islamischen Friedensbewegung, die in Jesus ihre ökumenische Mitte findet.